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Arta – Mallorca

Am vergangenen Mittwoch habe ich Oliver vom Flughafen abgeholt. Da wir die Finca bis einschließlich heute mieten konnten und ich erst morgen wieder auftrete, die Mädels aber bereits einen Tag nach der Ankunft des Jeheimrats zurückgeflogen sind, war die Gelegenheit günstig, auf „Männerwirtschaft“ umzuswitchen und ein paar Tage an „Selbstporträt als Ede Wolf“ (Arbeitstitel) zu arbeiten. Nach dem einzigen Abend zu fünft, an dem wir von der Dachterrasse aus zwischen 23:00 Uhr und 0:30 Uhr sogar den von der Presse angekündigten Sternenschnuppen-Jahresrekord erleben, am darauf folgenden Tag aber erstmal ein Ausflug nach Pollenca, wo ich seit dem Sommer 2002 nicht mehr gewesen war. Auch hier machen sich die vergangenen Jahre natürlich inzwischen bemerkbar: Kaum noch alteingesessene Geschäfte, Pollenca ist stromlinienförmiger geworden, hat sich aber erfreulicherweise nicht in Richtung Ballermann-Tourismus entwickelt. Tausend Erinnerungen an die zwei phantastischen Monate der „Aff un zo“-Session kommen hoch, so dass wir uns – entgegen unserem ursprünglichen Plan – dann doch noch dazu durchringen, auch noch kurz in Cala Sant Vicenc vorbeizufahren. Irgendetwas hatte sich in mir dagegen gewehrt das zu tun, vermutlich die Befürchtung, allzu viele Sentimentalität würde mir den Hals hoch kriechen. So schleichen wir also auch erstmal so unauffällig wie möglich am Can Franch, unserer Studiovilla, am Restaurant Ca’l Patró, wo wir täglich unsere Mahlzeiten einnahmen (und wo infolgedessen auch die goldenen Schallplatten für „Aff un zo“ an der Wand hängen) und dem Hotel Niu vorbei, wo wir damals zwei Monate lang gewohnt hatten. Als wir auf dem Rückweg zum Auto wieder hier vorbei kommen, steht plötzlich ein völlig ratlos dreinblickender Juan vor uns. Offensichtlich konnte er überhaupt nicht verstehen, wieso wir nicht sofort zu ihm ins Hotelcafé gekommen sind, wo ich damals an einem stürmischen Vormittag den Text von „Irjend’en Rock’n’Roll-Band“ mit ihm und seinem Kellnerkollegen Nicolo in den beiden Hauptrollen geschrieben hatte. Natürlich ist die Freude jetzt riesig. Er lädt uns auf einen Drink ein, wir schwärmen wie erwartet von alten Zeiten, dann geht er zum CD-Player und legt „Dreimohl zehn Johre“ ein, die er sich wohl irgendwie besorgt hat. Überhaupt ist er optimal informiert über das, was wir gerade so treiben. Das Internet macht’s möglich, bloß die Pandora-Alben hat er noch nicht, werde ihm also zuhause unmittelbar ein Päckchen mit entsprechendem Inhalt schnüren, fest entschlossen, den Kontakt nicht mehr abreißen zu lassen.

Die nächsten Tage widmen wir dann tatsächlich in entspannter Form der Arbeit am Buch, nur unterbrochen durch den zweimaligen Besuch der „Fußball-Total“-Kneipe in Cala Ratjada, wo ich leider eine erneute FC-Niederlage (mit einem weiteren Eigentor) hinnehmen muss. Olivers Borussia M’gladbach kommt mit einem 2:1 Sieg gegen Berlin eindeutig besser weg. Letzter Tabellenplatz, Schlusslicht. Mantra des Tages: Wer weiß, wofür et joot ess. Somit dürften jedenfalls sämtliche hochtrabende Hoffnungen auf UEFA-Pokal-Teilnahme etc. bis auf weiteres in der Versenkung verschwinden. Klassenerhalt ist das realistische Ziel und sollte man als unverbesserlicher Optimist nicht anders können, vielleicht ein besserer Tabellenplatz als in der letzten Saison.

Gestern haben wir uns noch einen Ausflug an die gebirgige Nordküste nach Soller und Valdemossa erlaubt, dann noch bis Mitternacht vor dem Haus gesessen, wo Oliver mir das bisher geschriebene aus seinem Laptop vorlas. Heute haben wir noch mal ausreichend Zeit auszuschlafen, in den Pool zu springen, zu packen und die Finca in einen halbwegs sozialkompatiblen Zustand zu versetzen, bevor wir uns gegen 18:00 Uhr in Richtung Flughafen auf den Weg machen. Abflug. 21:15 Uhr.
In der Zwischenzeit noch gelesene Bücher: 1) Dashiell Hammets „Der dünne Mann“, der mir ebenfalls bei der Lektüre vom „alten Patagonien-Express“ begegnet war, 2) eine Sammlung von Paul Bowles Kurzgeschichten „Die Stunden nach Mittag“, die ich in der antiquarischen Abteilung des hiesigen Zeitungs- und Bücherladens entdeckt hatte. Den dünnen Mann kann man muss man aber nicht unbedingt lesen, die Paul Bowles-Erzählungen allerdings, die ausschließlich in Marokko, hauptsächlich in Tanger, spielen, gehören zum Besten, das ich in letzter Zeit zwischen gekriegt habe.
Ach ja, gehört wurden auf der Finca die gesamte Zeit über ausschließlich die regulären Alben der Beatles. Meine Tochter Isis war so nett, diese auf MEINEN I-Pod zu beamen.

23:15 Uhr landen wir in Wahn , Didi sammelt uns ein, noch ein Glas Wein und ab in die (jedenfalls für meine Wenigkeit) heimatlichen Federn.

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