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St. Pölten (A) – Lovely Days Festival

Nachdem ich die letzten drei Tage in der leicht kühleren Eifel und den gestrigen Abend in Bonn bei der Eröffnung der Guggenheim-Sammlung (mit anschließendem Liza-Minelli-Konzert auf dem Museumsplatz) verbracht habe, geht es heute mit dem traditionell winzigen Flieger der Austrian-Airlines nach Wien und weiter per Shuttle-Bus nach St.Pölten, zum Lovely Days Festival.

Wir treffen ein, als die erste Band des Tages „Ten years after“ gerade ihren letzten Song „Going home“ anstimmt. Damit beginnt eine teilweise recht traurige Zeitreise, die noch andauert, als wir uns zur Geisterstunde wieder in den Shuttle-Bus setzen, um uns in das Hotel am Flughafen fahren zu lassen, von wo es morgen früh nach Berlin gehen soll.

Das Lovely-Days-Festival findet auf einem schattenlosen Kiesplatz statt, der sich erst im Laufe des Nachmittags füllt. Nach jedem act flüchtet alles dahin, wo man ein Fitzelchen Schatten ergattern kann, um sich bei der nächsten Band wieder brav vor der Riesenbühne einzufinden. Keine Ahnung, wie die Leute das aushalten. Da sind wir in unserer Garderobe, einer umfunktionierten Lagerhalle, zweifellos privilegierter, auch wenn es die Temperatur im Cateringzelt mühelos mit einer Sauna aufnehmen kann.

Nach „Ten years after“, bei denen ein guter junger Gitarrist den Job des legendären Geschwindigkeitsweltmeisters Alvin Lee übernommen hat, wird auf „Canned Heat“ umgebaut. Jetzt wird’s dann tatsächlich erstaunlich authentisch. Man sieht den Jungs zwar an, dass sie in den vergangenen drei Jahrzehnten keine wirklich gute Zeit durchgemacht haben, aber irgendwie hat das, was sie darbieten, Würde und vor allem einen ganz eigenen unverwechselbaren Stil.

Die „Stranglers“ hingegen, die danach an der Reihe sind, kommen seltsam blutleer daher. Eine verzweifelt aufgesetzte „Attitude“, die ja gerade bei Bands der Punk-Generation so enorm wichtig sein soll, wirkt ausschließlich unmusikalisch und hüftsteif. Da hilft auch die gut gemeinte Coverversion des Kinks-Songs „All Day and all of the Night“ nicht weiter.

Der Tiefpunkt ist allerdings erst mit Donovan erreicht. Begleitet wird er von drei Musikern an Stehbass, Bügelbrett-Keyboard und Congas, deren Dauercamper-Outfit alleine schon dermaßen abtörnend wirkt, dass man ahnt, was man die kommenden 70 Minuten auszuhalten haben wird. Selten so etwas stümperhaftes gehört. Die definitive geschmackliche Talsohle durchschreitet der Mann, indem er seinen, durch die Coverversion von Deep Purple zu Weltruhm gelangten Song „La Lenya“ exekutiert. Warum sagt ihm eigentlich niemand, dass es Hallgeräte gibt und somit jeder Grund, Selbsthall zu produzieren, unsinnig ist!? Was mag in Robert Plant vorgehen, der sich dieses Elend vom Monitormischpult aus ansieht, während hinter dem Backdrop unsere Anlage vorbereitet wird?

Da unser Didi gestern 4×10 Jahre alt wurde, heute ihm zu Ehren erst mal eine der seltenen gemeinsamen Crew- und Bandhuldigungen. Und pünktlich um 19:10 Uhr heißt es dann: Showtime.

Da wir seit sieben Jahren nicht mehr in Österreich aufgetreten sind – und in dieser Besetzung sogar noch nie -, spielen wir heute ein gnadenloses „Keine Gefangenen“ – Set. Unsere Rechnung geht auf. Zwischen „Ne schöne Jrooß“ und „Verdamp lang her“ packen wir soviele Hits wie möglich und hängen als Zugabe „Helden“ ohne die übliche Zeremonie zeitsparend hintendran. So schaffen wir eine Punktlandung und können die Bühne nach 71 Minuten an Robert Plant übergeben. Alles gut gegangen, hervorragend angekommen; vielleicht sollten wir doch noch einmal über eine Clubtour durch Österreich mit kleinem Besteck nachdenken.

Den musikalischen Höhepunkt des Tages bildet dann selbstredend der Ex-Led-Zeppelin-Sänger Robert Plant mit seiner relativ jungen Band. Auch wenn diese Musik nicht unbedingt festivaltauglich ist. Die leiseren, nordafrikanisch anmutenden und auf akustischen Instrumenten gespielten Stücke, hätten mehr Aufmerksamkeit verdient, als das Publikum es auf einem solchen Open Air zu geben bereit ist.

Natürlich warten die meisten auf die großen Led-Zeppelin-Kracher, von denen er aber nur „Whole lotta love“ kurz anspielt, um sich danach erneut in die musikalischen Gefilde zurückzuziehen, mit denen er sich heute definieren will. Kann ich gut verstehen, mir gefällt’s jedenfalls sehr: Die Strategen wissen, was sie tun.

Seltsam durchschnittlich danach „Roxy Music“. Das empfinde nicht nur ich so, dem diese Kapelle noch nie wirklich etwas bedeutet hat; auch meine Mitstreiter wissen nicht so richtig, was sie von dieser langweiligen Vorstellung halten sollen. Wir verlassen das Gelände noch bevor der erste Festivaltag beendet ist. Nur Jürgen bleibt, weil er „The Who“ als einziger noch nicht auf ihrer diesjährigen Tour gesehen hat. Und die werden hier morgen bestimmt das absolute Highlight des Festivals werden.

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