Rebound
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Montag, 27. Mai 2013 – Alf a. d. Mosel/Haus Waldfrieden (Weingut Stein)

Am Freitagabend sammelt mich der Fisch ein, um mit mir gemeinsam an die Mosel zum „Winzer unseres Vertrauens“ zu fahren. Vorher hat er noch die Gibson ES 330 aus Uli Kurtinats Werkstatt geholt. Diese Gitarre aus dem Jahr 1962 war mir regelrecht zugelaufen, denn ein Schmuckhändler auf der St.Apernstraße hatte sie und einen recht seltenen fünfsaitigen Fenderbass in seine Auslage gestellt, vermutlich um einen finanziellen Engpass zu beheben. Allerdings war das Instrument nicht wirklich roadtauglich und ich bin natürlich recht froh darüber, dass Uli sie noch rechtzeitig fit machen konnte. Ich jedenfalls konnte nicht widerstehen, sie mir zuzulegen, denn diese Gitarre hatte ich 1967 vor meinem geistigen Auge, als mir meine Mutter im Musikhaus Charly Oehl in der Sternengasse diese „Aria-Diamond“-Kopie finanziert hatte: Meine erste elektrische Gitarre. Bis auf Helmut sind bei unserer Ankunft schon alle da. Helmut hat einen Gig mit Köster/Hocker und kommt erst am Samstag zum Probenbeginn. Die ausgedachte Setliste ist wieder nach dem „Dreisträhnigen Zopf-Prinzip“ zusammengestellt: Ein Drittel Songs, die jeder kennt – ein Drittel, die man vielleicht kennt – und ein Drittel entlegeneres Material. Und dabei gilt es immer schön darauf zu achten, dass die Hälfte der Songs von der „neuen“ Besetzung stammt. Der erste Durchlauf dient als Orientierungsphase und vor allem um zu testen, ob bestimmte Übergänge funktionieren. Beim zweiten Durchlauf lassen wir schon die Evergreens weg und konzentrieren uns auf die länger nicht mehr gespielten Songs und natürlich auf die Übergänge. Alles läuft perfekt. Abends das Champions-League-Finale, BVB gegen die Bayern. Am Sonntagmorgen werde ich wach und frage mich, ob ich diese unsägliche Choreografie vor dem Spiel nicht doch nur geträumt habe. Der Begriff „Fremdschämen“ muss völlig neu definiert werden. Vermute mal, dass sich die Engländer sowas aus Rache dafür ausgedacht haben, dass zwei deutsche Mannschaften ihren heiligen Wembley-Rasen entweihen. Da treten doch tatsächlich Paul Breitner und Lars Ricken als Ritter verkleidet und mit ihnen hunderte von englischen, ebenfalls als Ritter in den entsprechenden Vereinsfarben gehüllt auf, um sich eine durchchoreografierte Schlacht zu liefern. Habe vor einem Fußballspiel noch nie etwas Lächerlicheres gesehen. Da ist selbst unser Stadionsprecher mit seinem „Willkommen in der schönsten Stadt Deutschlands“ Hochkultur gegen (wobei man erwähnen muss, dass ihm dieser Satz ja vom neuen Präsidium untersagt wurde). Der Sonntag verläuft ähnlich wie der Samstag, nur dass wir da abends gemeinsam den „Tatort“ gucken. Montag Spätvormittag noch ein paar Übergänge, ab Mittag dann Entspannung. Nach und nach trudeln unsere Gäste ein und mir wird bewusst, dass wir hier keinen Spannungsbogen testen können, zumal wir in der Mitte des Sets eine Prosecco-Pause einlegen, schließlich SITZT ein Teil des Publikums. Egal. Lauter vertraute Gesichter, und den Spannungsbogen testen wir dann – nach ein paar kleineren Umstellungen – halt morgen. Jedenfalls ist es immer wieder wunderschön, hier bei diesen Stein-Brüdern zu sein. Dieser Ort und seine Menschen haben sowas wie eine heilende Wirkung. Egal, was in den vergangenen Monaten an Stress aufgekommen ist, hier fällt alles von einem ab und wir können uns in aller Seelenruhe auf das Wichtigste konzentrieren: Unsere Musik.

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