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Mittwoch, 8. Juni 2011 – Meiningen, Kammerspiele

Es hat deutlich abgekühlt, als wir uns auf die 400 km-Strecke in die thüringische Theaterstadt Meiningen machen. In der Gegend hatten wir zuletzt im Rahmen der „Amerika“-Tour gespielt, danach deswegen nicht mehr, weil wir auf einer regulären Tournee mit zu großem Besteck unterwegs sind, als dass es sich rechnen würde, hier Station zu machen. Eine Rock’n’Roll-Band hat nun mal mit den brutalen Gesetzen der Marktwirtschaft klarzukommen, ohne Kulturförderung durch öffentliche Mittel, dafür aber mit Steuervorauszahlungen, die sich gewaschen haben. Egal, da hilft kein Lamentieren, jedenfalls rückt spätestens seit unserem Überraschungskonzert im „Chlodwig Eck“ vor zwei Wochen die Verwirklichung einer Idee immer näher, die Didi und ich schon seit Jahren mit uns rumschleppen. Eigentlich müssten wir nämlich lediglich die spartanischste Besteck-Variante, die gerade noch unseren Ansprüchen genügt, zusammenstellen, die Location buchen, die wir uns im Osten zutrauen, über dann mit Sicherheit auftauchende hämische Kommentare von vornherein ein Ei schlagen, und ab die Post. Diesen Plan sollten wir nicht aus den Augen verlieren, frühestmöglicher Zeitpunkt wäre dafür allerdings erst der Herbst 2012.
Nach unserer Ankunft erstmal mit Oliver auf einen kleinen Spaziergang durch die liebevoll restaurierte Innenstadt von Meiningen, möchte lieber nicht wissen, wie es hier zu Zeiten des Realsozialismus ausgesehen hat. Kaufe mir bei einem Trödler einen robusten NVA-Ledergürtel für meine Bühnenhose, danach bringt ein Telefonat mit unserem Lektor Jens Petersen von Hoffmann und Campe die erfreuliche Nachricht, dass das Fortsetzungsbändchen des „Songs“-Buchs Ende dieser Woche auslieferungsbereit ist.
Lese und spiele heute nochmal dieselbe Zusammenstellung wie gestern in Berlin, eine gute Entscheidung, denn die Passage, die vom Scheitern der DDR-Tour handelt, wird erneut mit großer Aufmerksamkeit und anschließendem großen Applaus aufgenommen. Überhaupt ein sehr aufmerksames Publikum, ein Teil davon sicher Dauerkundschaft des Staatstheaters, aber auch eine Menge treuer, zum Teil sogar namentlich bekannter Fans aus den sogenannten neuen Bundesländern. Erzähle spontan nach „Chippendale Desch“ nochmal die Story von der Evakuierung der Familie meines Opas mütterlicherseits gegen Ende des Kriegs nach Thüringen. Am Nachmittag hatte ich diesbezüglich nochmal meine Kusine Käthi angerufen, um mich nach den genauen Ortsnamen zu erkundigen. Es handelt sich um ein gewisses Niederndorf bei Hapersdorf, und der nächste Bahnhof stand in Töppeln. Die Geschichte mit den Krippenfiguren passierte also nicht hier, in diesem Teil Thüringens, sondern nördlich von Gera.
Zum Abschluss der Veranstaltung bekomme ich eine goldene Stimmgabel überreicht, eine Ehrung, die man sich anscheinend extra für mich ausgedacht hat, die aber zu einer Einrichtung werden soll, sowie eine Präsentbox mit drei Flaschen eines ganz besonderen Bieres hiesiger Brauart. Kann es sein, dass unsere Catering-Liste mit den 6 Flaschen „Beck’s-Alkoholfrei“ zu falschen Schlüssen geführt hat? Macht nix, werde den Gerstensaft unbeschadet nach Köln schaffen und mir bei Gelegenheit in gut gekühltem Zustand (vielleicht zum Bundesliga-Start) zu Gemüte führen. Bier trinke ich nämlich ausschließlich im Zusammenhang mit Fußball.

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