Köln, Amsterdam/Kampala (Uganda)
Montag, 16.Februar bis Freitag, 20. Februar 2009
Montag, Dienstag, noch mal zwei ausführliche Pressetage zu dreierlei Themen: 1) Die Nachwehen des „Red Hand Day“ inclusive Ausblick auf die anstehende Uganda-Reise. 2) Die bevorstehende Veröffentlichung des Live-Albums und 3.) die Tourfortsetzung am 11.März in Lüneburg.
Mittwoch morgen klingelt der Wecker dann um 5:00 Uhr , mit Didi per Taxi zum Flughafen, von wo aus wir mit einer Stunde Verspätung (ein Propeller war eingefroren) nach Amsterdam abheben. Hier treffen wir Eva Martin und Steffen Emrich von World Vision und starten diesmal pünktlich in Richtung Entebbe, wo wir etliche Seiten von T.C.Boyles neuem Roman „Die Frauen“ und zwei Filme („Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ und „Million Dollar Baby“) später, genauer gesagt nach acht Stunden, wie geplant landen. Abholung mit einem Riesen-Jeep der Cassia-Lodge, noch dreißig Kilometer bis Kampala, ein Absacker und was folgt, ist komatöser Schlaf.
Der Donnerstag ist zum sanften Eingrooven eingeplant. Nicola, eine Bekannte von Steffen, die hier lebt und mit einem Mann aus Burundi verheiratet ist, übernimmt die Reiseleitung. Sie holt uns nach dem Frühstück in der Cassia-Lodge ab (von wo aus man einen unglaublichen Blick über den Victoria-See hat) und bringt uns zur Anlegestelle des Vorstadtmarktes, auf dem hauptsächlich im See gefangene Fische verkauft werden. Rund um den kleinen Markt aber auch Stände, mit allem, was man so braucht: Kleidung, Schuhe, Haushaltsgeräte, Obst, Gemüse, Getreide, Fleisch und – besonders lecker – Pansen und allerlei sonstige Innereien von Rindern, Schweinen und Ziegen. Wir kurven mit einem ziemlich wackeligen Boot zwei Stunden auf dem See rum, nur unterbrochen von einem kleinen Landgang an einer Stelle, an der einmal im Jahr (ausgerechnet am 11.11.) , der sich immer noch in Amt und Würden befindliche König von Buganda einer Art Regatta beiwohnt. Für denjenigen, der in seinem Paddelboot am schnellsten die vorgelagerte Insel umrundet hat, gibt es zur Belohnung eine Ziege, eine Kuh und ein funkelnagelneues Boot. Ebenfalls an dieser Strandstätte existiert eine Kultstätte, an der Geistern Rauchopfern dargebracht werden. Der zuständige Zeremonienmeister ist leider nicht zugegen, deswegen versucht sich (gegen einen kleinen Obolus) der örtliche Schuster, uns als Fremdenführer in die Geheimnisse dieses speziellen Heilverfahrens einzuweihen. Dumm nur, dass der Mann ganz offensichtlich einen Sprachfehler hat, sämtliche Rs durch Ls ersetzt, unfassbar schnell spricht und nur sehr rudimentäres Englisch beherrscht. Immerhin verstehen wir, dass die jeweiligen Wunderheiler hier ihre erkrankte Kundschaft an Lagerfeuern, an denen ausgesuchte, spezielle Hölzer und Kräuter verbrannt werden, unter Zuhilfenahme von in speziellen Pfeifen gerauchten Ingredenzien heilen. Kaum verwunderlich, dass dieser Ort bereits im Verlauf der Rückfahrt zur Cassia-Lodge bei uns den Namen „Kiffergarten“ weg hat. Erneut wird mir bewusst, wie weit im heutigen Afrika die Extreme auseinander liegen, in diesem Fall in der Abteilung „Aberglauben und Wissenschaft“.
Nach dem Mittagessen stürzen wir uns in den Trubel der Hauptgeschäftsgegend, vor allem in den des Marktes, auf dem es einfach alles zu kaufen gibt, was man sich vorstellen kann. Fühle mich stark an Märkte im Inneren Marokkos erinnert, nur dass die Hautfarbe der Händler hier eindeutig dunkler ist und die Stimmung irgendwie aufgeladener. Werde so schnell nicht den Blick eines Lastenträgers vergessen, den ich – höflich ausweichend – anlächle. Pure Aggression war die Reaktion („if looks could kill“), aber klar: Wir flanieren hier rum wie im Zoo und er schuftet wie ein Packesel. Und das ohne irgendeine Aussicht auf Änderung. Chancengleichheit geht tatsächlich anders.
Freitag morgen zum Kunsthandwerksmarkt, der mir bereits ausführlich bekannt ist, für die nächste Zeit wohl die letzte Möglichkeit, sich mit Andenken und Mitbringseln einzudecken.
Ab Mittag im Garten des neu eröffneten Garten des Goethe-Instituts dann das, was vollmundig als „Workshop mit ortansässigen Musikern“ angekündigt ist. Die Jungs der Fusion-Jazz-Combo „Baxmba Waves“ sind zwar bei meinem Eintreffen immer noch nicht sehr weit mit Installation ihrer Instrumente, aber anscheinend mehrheitlich dazu bereit, sich mit mir musikalisch einzulassen. Eine große Hilfe ist mir Max, einer der beiden Gitarristen der Band, 19-jährig, seit zehn Jahren mit seinen deutschen Eltern im Land. Er erzählt mir, dass er seit ca. 5 Monaten mit diesen durchweg älteren afrikanischen Musikern spielt und sich sehr gut aufgenommen fühlt. Nachdem der Bassist wegen eines Termins die Szenerie schon wieder verlässt, bevor der Percussionist seine Instrumente überhaupt vor Ort hat, springt kurzentschlossen einer für ihn ein, den der Frontmixer wohl im Gefolge hatte, den aber sonst niemand kennt. Sam heißt er, spielt in verschiedenen Gruppen und stammt ursprünglich aus Ruanda. (Desweiteren: Godfrey – Keyboard, Fireman – Gitarre, Dutch – Schlagzeug, Hakim –Percussion). Kurzum: Wir versuchen uns an zwei Songs, nämlich „Zwei Päädsköpp ohm Nüümaat“ und das bewährte „I shall be released“. Ersteres wegen seiner einfachen Akkordstruktur und seines Afrika-tauglichen Bo Diddley-Grooves und der Dylan-Song hat sich noch bei jeder Session als Knaller erwiesen. Außerdem hatte ich mir sowieso für das heutige Konzert überlegt, immer wieder mal eine englischsprachige Nummer einzubauen. Welche läge da näher als die von meinen Chronicles-Lesungen?! Schade, dass die Sonne den kompletten Nachmittag über volles Rohr in die Bühne brettert, so dass wir bereits nach dem Erarbeiten dieser beiden Stücke schweißgebadet sind und weitere Kollaborationen nicht mehr ratsam sind. Staune nicht schlecht, als Abends dann Godfrey, der Bandleader, sein Keyboard gegen ein Akkordeon austauscht, was der ganzen Angelegenheit allerdings ein ganz spezielle Note verleiht. Wir spielen prima zusammen und auch mein Soloteil funktioniert ganz gut. Selbstverständlich ist die deutsche Gemeinde aufmerksamer als die ugandischen Konzertbesucher, auch ist der Kenntnisstand neuerer BAP-Songs geringer als der älterer, aber was will man erwarten?! Alles gut gegangen, ein, zwei Lehren daraus gezogen, paar Ideen gehabt, ein gelungener Abend.
Während wir spielen, landet der Hellmän mit seiner Tochter Ivola und dem Schweizer Fotographen Gaudenz, die ab morgen früh 8:00 Uhr mit von der Partie sein werden.