Dienstag, 1. April 2014 – Kiel/Sparkassen-Arena
Als wir gestern an unserem freien Tag in Kiel eingelaufen sind, fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren: Bei dieser „Sparkassen-Arena“ handelt es sich um die ehemalige Ostseehalle und definitiv nicht um einen Saal, der es vom Ambiente her mit der Nürnberger Oper oder der Hamburger Laeisz-Halle aufnehmen könnte. Aber man beruhigt mich dahingehend, dass man sie mittels Vorhängen ausreichend intim gestalten kann. Also schaun ´mer mal. Natürlich habe ich reichlich Erinnerungen an die Ostseehalle, die wir wirklich oft bespielt haben. Viele davon hängen mit dem mit dem Kollegen Brösel zusammen, dem Schöpfer der epochalen Werner-Comics. So auch die Geschichte, als er für uns eine Party gab, zu der auch die „Rockers aus Hämbürch“ eingeladen waren. Da diese Party in meine 10jährige Alkohol-Abstinenz-Phase fiel, stand ich also mit meinem Humpen voller O-Saft-Schorle zwischen reichlich angeschickerten Rockern rum und versuchte einen halbwegs collen Eindruck zu machen, bis mich einer von ihnen fragte, was ich denn da wohl in meinem Humpen habe. Meine nicht ganz ernst gemeinte Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „Pernod-Korn-Schorle!!“ Merkwürdig, dass der Mann mir das tatsächlich abgenommen hat, und ich von da an höchst respektvolle Blicke seitens der Rocker abbekam. Erstaunlich aber auch, dass keiner von meinem Gebräu kosten wollte.
Aber zunächst mal unser wohlverdienter freier Tag in Kiel, den ich mit einem kleinen Stadtbummel eröffne, dann aber abbreche, weil ich mich von einer Shopping-Mall wie von einem riesigen Walfisch verschluckt fühle. Eigentlich hatte ich ja ein Kino gesucht, aber da dieses nur durch den sich an den Walfisch-Bauch anschließenden Bahnhof zu erreichen wäre, kehre ich unverrichteter Dinge wieder pünktlich zu den 19:00 Nachrichten ins Hotel zurück, lege mich aufs Bett und schlafe ein. Irgendwann im Laufe der Nacht werde ich nochmal wach, ziehe mich aus, schalte den Fernseher aus und erwache erst wieder um 9:00 am Tag des Konzerts. Jetzt dürften die Akkus dann mal wirklich aufgeladen sein. Nach dem Frühstück direkt in die Halle, wo es einiges für mich zu tun gibt, vor allem in Hinblick auf unseren kurzen Zwischenstopp vor dem Dürener Konzert in Köln. Auch muss ich ausprobieren, bei welchen Songs ich die neue 12-saitige einsetzen will, ohne den Ablauf unnötig durcheinander zu bringen. Während des Soundchecks trifft Sönke Reich ein, der den Rhani bei den ersten Sommerterminen ab Göttingen vertreten wird, da dieser aufgrund einer Communications-Panne dann doch mit Dominic Miller unterwegs ist. Aber da Sönke von Anne, Ulle und auch Rhani selbst als perfekter Schlagzeuger und Percussionist empfohlen wurde, mache ich mir da keine großen Sorgen. Ab Salzkotten ist unser Lieblings-Marokkaner jedenfalls wieder mit uns unterwegs. Sönke bekommt von Achim nach der Show einen Mitschnitt und außerdem hat er eine Kamera auf Rhani´s Arbeitsplatz fixiert, damit er zuhause nachvollziehen kann, was dieser auf welchem Instrument gespielt hat, um sich entsprechend vorzubereiten. Der Gig entwickelt sich trotz Klappstühlen (die es ja zu vermeiden galt!!) und einem Mittelgang, auf dem ich genau verfolgen kann, wie es um die Blasenbeschaffenheit des Kieler Publikums bestellt ist zu einem ganz besonderen. Zunächst haben wir den Eindruck, dass unsere Töne nicht wirklich beim Publikum ankommen, aber die Leute hören nur aufmerksam und diszipliniert zu. Entsprechende Reaktionen beruhigen uns und schon zur Pause sind wir uns sicher, mit der Halle dann doch nicht ins Klo gegriffen zu haben. Die zweite Halbzeit und die Zugaben geraten dann sogar noch eine Spur lustiger als sonst, vor allem das „aufgehobene Schunkelverbot“, weil heute die indische Variante erfunden wird: Sitzend und lediglich mit dem Kopf wackelnd. Nach der Show feiern wir noch kurz in Holgers 40sten Geburtstag rein, ohne uns großartig zu verausgaben, denn die aufgeladenen Akkus müssen wieder für einige Zeit reichen. Die 12-saitige funktioniert übrigens bei den sechs Songs, in denen ich sie zunächst einsetze, dermaßen prächtig, dass ich schon darüber nachdenke, wo ich sie sonst noch spielen könnte.