Worpswede – Live Music Hall
Leicht geschwächt begeben wir uns nach dem Frühstück auf die Autobahn und versüßen uns die Fahrt mit dem gestern erstandenen Bryan Ferry – Album „Dylanesque“. Es ist leider genauso, wie ich es befürchtet hatte, mir ist völlig schleierhaft, wieso sich jemand, dem Dylan offensichtlich im Arsch vorbei geht, an seinen Liedern vergehen muss. Schon „Hard Rain“ hatte der Kerl vor Jahren massakriert, weiß der Teufel was das soll. Gute transparente Produktion, solide, aber ohne jegliche Idee und darauf säuselt B.F. die Texte, Lichtjahre von ihrem eigentlichen Inhalt entfernt. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass er damit durchkommen wird, schließlich zählt unser Dandy in Kritikerkreisen zu den hippen, coolen Lieblingen, deren Blähungen man stets ungehört in den Olymp lobt.
In Worpswede angekommen dann erst mal große Freude über den heutigen Auftrittsort, der von einer äußerst netten Überzeugungstäter Clique ehrenamtlich betrieben wird. Unfassbar, wer hier schon alles aufgetreten ist. Dies Music Hall erinnert uns direkt an die Mühle Hunziken bei Bern, überall hängen signierte Fotos von Mich Taylor bis Colosseum (die übrigens morgen wieder hier spielen werden). Plakate und liebevoll bemalte Möbel, Accesoires, allein das nicht ganz jugendfreie Künstlerklo mit all seinen fliegenden Schniedeln und Titten dürfte weltweit konkurrenzlos sein.
Da ich natürlich neugierig bin und bis und bis zum Soundcheck möglichst viel von diesem ehemals so progressiven Künstlerdorf gesehen haben will, stellt man uns den Gatten der Chefin, einen überaus sachkundigen Rechtsanwalt namens Wolfgang zur Seite, der mir und Oliver in der zur Verfügung stehenden Zeit wenigstens die zwei wichtigsten Museen zeigt. Wirklich sehr toll gemacht, einziger Wehmutstropfen ist die aktuelle Worpsweder Kunst, die nach meinem Geschmack allzu deutlich gegen die ersten Generation um Paula Moderson.Becker stinkt.
Am späten Nachmittag trifft Tina mit unseren Töchtern ein und es ist jammerschade, dass wir keinen freien Tag haben, an dem wir das alles hier ausführlich genießen können. Showtime heute erst um 21 Uhr. Geburtstagsständchen einiger treuer, von gottweißwo angereister Fans, Geschenke etc. und dann trotzdem ein halbwegs unfallfreier Auftritt mit einigen Versionen, die ich liebend gerne auf Band hätte. Ganz zum Schluss kommt dann Oliver auf die Bühne und moderiert anlässlich meines Wiegenfestes eine Filmkollage, welche zum größten Teil aus Grüßen von Freunden und Verwandten besteht, die Robin letztens im Foyer des Kölner Opernhauses aufgenommen hat. Oliver selbst hat einen Videoclip in bester „Subterrenean Homesick-Blues“ – Manier beigesteuert, in dem er weiße Kartons mit Insider-Witz-Fragmenten zeigt und wegwirft. Die absolute Krönung ist dann Wims Beitrag, der gerade in Sydney dreht und deshalb seine „Glückwünsche vom Bongomän“ kopfüber ausrichtet.
Es wird viel gelacht am heutigen Abend, welcher (wen wundert’s?!) wieder mal spät endet. Den Laden hier sollten wir uns jedenfalls merken, eine Aufnahme- oder Tourprobesession in Worpswede müsste eigentlich großartig geraten.