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Samstag, 4.August 2012 – CH-Brienz / „Rockfestival“

Vor unserer Abfahrt Richtung Schweiz nehme ich die Gelegenheit noch schnell wahr, nach ewigen Zeiten mal wieder durch die wunderschöne Tübinger Altstadt zu streunen. Wenn ich mich recht entsinne, waren wir hier zuletzt im Rahmen der „Salzjebäck & Bier“-Tour (1984), wo der örtliche Veranstalter uns vor vollendete Tatsachen gestellt hatte, denn die Open Air-Bühne verfügte einfach mal über kein Dach!! Es war wirklich Hochsommer, somit tagsüber unfassbar heiß, und abends war mit Gewittern zu rechnen. Also was tun? Zunächst mal sämtliche Strohhüte aus Tübingen und den Nachbarorten aufgekauft, damit die Band und vor allem die Crew keinen Sonnenstich bekommt und ansonsten den Wettergott anflehen, damit er sich mit dem Gewitter noch bis nach Showende Zeit lässt. Und genau so ist es dann auch geschehen: Kaum war der letzte Ton gespielt und der Abbau, der in Wirklichkeit eher ein Abriss war, bewerkstelligt, öffneten sich sämtliche Schleusen.
Finde jedenfalls auf meinem Stadtbummel das Hotel „Hospiz“, in dem mich damals Carmen und der nicht mal ein Jahr alte Severin auf Tour besuchten. Am Vortag waren wir aus Wien angereist, wo wir in der ehemaligen Getreidebörse unser allererstes Video („Alexandra“) mit den DoRos gedreht hatten. Die Dreharbeiten hatten die ganze Nacht in Anspruch genommen, und ich erinnere noch äußerst ungern daran, wie bei unserem Auto zwischen Salzburg und München bei Höchstgeschwindigkeit ein Reifen platzte. Schmal fuhr gerade und reagierte trotz Übermüdung großartig. Jott jejange, nix passiert. Jedenfalls waren Schmal, Jan und ich von da an bis zu unserer Ankunft in Tübingen wieder wach.
Gestern also weiter in die Schweiz und in Interlaken im Hotel eingecheckt, damit wir auf dem Brienzeree-Festival heute um 11:00 Uhr Soundcheck machen können. Leider übersehen, dass an unserem Anreisetag hier Patent Ochsner spielten, die ich gern gehört und getroffen hätte. Seit wir auf den „Amerika“-Festivals mal in Luzern mit denen zusammengespielt haben, hält mich ihr Sänger und Texter Büne Huber immer schön über ihre neue Aktivitäten auf dem Laufenden. Nur, dass sie hier am Vortag gespielt haben, blieb unerwähnt. Netterweise hinterlässt er mir ihr neuestes Album mit einem Brief. Nach dem Soundcheck wieder zurück nach Interlaken ans andere Ende des Sees, und wir (Anne, Didi, Werner, Micha und ich) entschließen uns, mit der Zahnradbahn auf die Harder Kulm zu fahren. Großartige Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau. Dann wieder frühzeitig zum Festivalgelände, diesmal entlang der anderen Seeseite. Bei unserer Ankunft spielt eine Queen-Coverband, die ihre Sache recht ordentlich macht, obwohl ich hier nicht wirklich kompetent bin, denn mit Queen konnte ich noch nie wirklich was anfangen. Danach dann The Seer, die ich mir heute mal endlich wirklich anhöre. Hatten bereits auf einigen Festivals mit denen gespielt, aber aus irgendwelchen Gründen immer versäumt, sich die Band mal zu geben. Fazit: ordentlich rockende Kapelle, die mit Fiddle und Mandoline leicht an die Hooters, Big Country und die Pogues erinnern. Gefällt mir.
Erst um 23:00 Uhr sind wir mit unserem 90-minütigen Set an der Reihe. Entschließe mich noch kurz vor der Show, zwei neue Songs gegen zwei bewährte auszutauschen, da ich das Publikum zu später Stunde nicht überstrapazieren will. Läuft alles prima bis auf die Zeitnot, in die wir geraten: Schon vor „Jupp“ und „Zaubre“, die als Zugabe vorgesehen sind, haben wir eine Viertelstunde überzogen, was aber eigentlich nicht schlimm ist, denn ab 1:00 Uhr spielt lediglich eine AC/DC-Coverband, die noch ein bisschen Party für die Schlafunwilligen macht. Da von unseren Mitarbeitern alarmierende Zeichen zum dringenden Aufhören gegeben werden, spielen wir ohne Zugabe, das Cello bleibt unbespielt, und irgendwie endet dieser herrliche Tag recht unbefriedigend. Nach der Show fahre ich mit Didi noch bis Sachseln, wo uns ein äußerst misstrauischer Nachtportier im Hotel Kreuz erwartet. Irgendwie kriegt er das nicht auf die Reihe, dass da gegen 2:30 Uhr zwei relativ bediente Typen einchecken, die um einen Weckruf um 6:00 Uhr bitten. Des Rätsels Lösung ist eigentlich einfach: Didi muss mich am Sonntagmorgen um 9:51 Uhr am Stuttgarter Hbf abliefern, damit ich früh genug in Köln ankomme, um mit meinen Damen in die Türkei zu entschweben. Nach 22 Jahren schaffe ich es endlich mal wieder, Achmed und Mehmet zu besuchen, bei denen in der Bucht von Cirali „Time is cash“ und „Maat et joot“ entstanden sind (mal ganz abgesehen von meinem Sohn Robin).

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