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Bochum – Herausforderung Zukunft

Der Samstag beginnt für meine Verhältnisse ungewöhnlich früh, schließlich soll der Kongress schon um 9:00 von der Bochumer Oberbürgermeisterin eröffnet werden. Da sich der Einlass dann aber auf Grund der Sicherheitskontrollen am Publikumseingang deutlich in die Länge zieht, habe ich ausführlich Gelegenheit, die übrigen Teilnehmer in Ruhe zu begrüßen. Nacheinander treffen u.a. Erzbischof Tutu, Carlos Santana, Michail Gorbatschow, Lech Walesa, Yusuf Islam und die Farah Diba ein und ich finde mich einmal mehr in dem Zustand wieder, dass ich fürchte, jeden Moment klingelt der Wecker und die Kinder müssen zur Schule gebracht werden.

Anderthalb Stunden verspätet geht es dann schließlich los. Die Gesprächsrunden auf der Bühne haben natürlich ob der geschichtlichen Bedeutung der meisten Teilnehmer eher Statementcharakter, was ich aber auch gar nicht so schlimm finde und vorausgesetzt hatte. Ein detaillierter Meinungsaustausch oder sogar kontroverse Diskussionen lassen sich vor einem großen Publikum halt nicht durchführen, da wären Kamingespräche mit Sicherheit sinnvoller und erfolgversprechender. Dieser Kongress hier soll Impulse setzen und Mut dazu machen, angesichts der Probleme der Welt nicht zu resignieren, sie sich selbst zu überlassen.

Für die Gesprächsrunde „Ende der Armut“, an der ich teilnehme, haben wir Sönke Weiss, Hans Christoph Buch (Black Box Afrika), Rupert Neudeck und den langjährigen ARD-Korrespondenten für Ostafrika, Hans Josef Dreckmann, gewinnen können, Prof. Dr. Eigen (unser Saxophonist, s. Berlin 18.6.), musste aus Termingründen leider absagen. Schade, denn in dieser Zusammensetzung sind wir sogar an einigen Stellen über das Abliefern von Statements hinaus gekommen und seine Kompetenz in Sachen Dringlichkeit der Korruptionsbekämpfung hätte die Angelegenheit vermutlich noch um einige Aspekte bereichern können. Dennoch, sitze hier, was Afrika betrifft, mit meinem Dreamteam auf dem Podium.

Den Sonntag gehen wir langsamer an. Muss erst um 13.30 Uhr zu einem Interview in der Lobby erscheinen, was gut tut, denn die Nacht war erwartungsgemäß lang. Danach zu einem ökumenischen Gottesdienst, den Desmond Tutu für die Konferenzteilnehmer liest. Habe zugesagt, einen der musikalischen Beiträge zu liefern, und so kommt es, dass ich „Noh Gulu“ singe, und dabei all diesen verdienten Menschen von Gorbatschow bis Lech Walesa, die nun wirklich an der Stelle, als es auf ihre Besonnenheit ankam, Ruhe bewahrt haben und damit friedlich die Welt verändert haben, in die Augen sehe.

Zurück in der Halle, diesmal im Ruhrcongress, dann unser Soundcheck. Alles ist reichlich aus dem Zeitplan geraten, dennoch sind sämtliche Acts bis zum Einlass mit ihrem Tonproben durch.

Übernehme mit Peter Maffay die Moderation des Abends komplett aus der Hüfte, was aber irgendwie ohne größere Kollateralschäden funktioniert. Von Tina Diko, unserer jungen, vielversprechenden dänischen Kollegin , über Heinz Rudolf Kunze, Yusuf Islam (besser bekannt als Cat Stevens) bis zu Carlos Santana und Maffay + Co (irgendwann zwischendurch eine halbe Stunde BAP) entspinnt sich ein kurzweiliges Mammutprogramm mit mächtig gutem Backstage-Gefühl. Mirco Keilberth, mein Uganda-Reisegefährte, hat für das Finale ein Filmcollage aus eigenem Material aus diversen Afrikareisen zusammengeschnitten. Ein Soundtrack, mit dem wir schon im Mai in Gulu durch die Stadt und die umliegenden Lager gezogen waren, ist zu seiner Verfilmung gekommen. Denke, dass wir da auf unserer Tour zum nächsten Album noch einmal drauf zurückkommen werden. Bewegende Momente natürlich, als zwischendurch noch einmal die Konferenzteilnehmer zu Peter und mir auf die Bühne kommen und zu den Leuten sprechen. Backstage datiert und signiert mir Gorbi noch meinen Gitarrengurt mit der sowjetischen Militätmützenkokurde, die darauf 1989 in Wolgograd ihren Platz gefunden hatte, sechs Monate, bevor die Mauer fiel.

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