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Laudatio: Typ der Saison

„Typ der Saison“ Ewald Lienen

Vor ziemlich genau 18 Jahren habe ich an einem Sommerabend bei uns zuhause im Garten, gemeinsam mit der Band und Freunden das Ende einer BAP-Tournee gefeiert. Ich hatte Kölns Mannschaftskapitän Dirk Lotttner gesagt, dass er vorbeikommen sollte und gerne auch ein paar Freunde mitbringen könnte. Am frühen Abend klingelte es, Lottner stand vor der Tür und mir wurde schlagartig bewusst, dass die Fete wohl etwas größer ausfallen würde.“ Hinter ihm stand nämlich der Mannschaftsbus des 1. FC Köln – mit allen Spielern und den Trainern. Sie kamen von einem Freundschaftsspiel in Kerpen.

Damals hat sich übrigens eine ältere Cousine von mir sehr nett mit Lottner und seinen Kollegen unterhalten und schließlich am Ende gefragt: „Und was machen sie beruflich so?“

An jenem Abend habe ich Ewald Lienen kennengelernt, und für mich war das fast so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Jetzt mag der eine oder andere vielleicht spotten, dass bei mir in Sachen FC die Liebe blind macht, aber ich hatte Ewald schon großartig gefunden, als er noch Spieler bei Mönchengladbach war. Der persönliche Eindruck war nicht anders. Ich lernte einen Menschen kennen, der völlig gerade heraus ist. Er wiggelt nicht rum. Das heißt: Er spielt keine Spielchen und schon gar nicht mit verdeckten oder gar gezinkten Karten.

Ewald ist meinungsstark, und dabei redet er sich manchmal sogar um Kopf und Kragen. Aber dann trägt er auch die Konsequenzen. Auf der anderen Seite ist er humorvoll, selbstironisch und vor allem nahbar.
Das heißt, dass er bei aller Meinungsfreudigkeit seine Ansichten nicht nur verkündet, sondern auch bereit ist, sie zu diskutieren. Und selbst wenn es hoch hergegangen ist, kann er auch was einsehen und sagen: „Stimmt, da hast du recht!“

Ich stehe aber jetzt nicht hier, um die generellen Charaktereigenschaften dieses ungewöhnlichen Mannes zu würdigen, sondern um eine Lobrede auf Ewald Lienen als „Typ der Saison“ zu halten. Dazu ist er -meiner Meinung nach – von der 11FREUNDE-Jury zurecht gewählt worden. Er hat sich nämlich gerade in der vergangenen Saison mehrfach – ausgesprochen klar positioniert. Vor allen Dingen ist Ewald als Warner vor einem Fußball aufgetreten, der nur noch ein klinisch sauberes Kommerzprodukt ist. In diesem Zusammenhang hat er sich ausdrücklich gegen einen unpolitischen Fußball gewendet, der sich nicht klar gegen Rechtspopulismus und Fremdenfeindlichkeit positionieren will. Das hat er übrigens zu einem Zeitpunkt gemacht, als seine Mannschaft noch tief im Abstiegskampf steckte und er von daher natürlich angreifbar war. Aber weil er für seine Überzeugungen einsteht, war ihm das egal.
Aber auch in seinem Beruf als Fußballtrainer ist
Ewald Lienen in der vergangenen Saison ungewöhnlich aufgetreten. Im vergangenen Herbst hatte er einen phantastischen Auftritt, bei dem er die Einstellung seiner Mannschaft kritisierte. Das war aber keine Wut-Rede, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern fast so etwas wie eine Grundsatzrede darüber, worum es im Fußball geht: Nämlich vor allem um Hingabe.

Ewald ist ein Mann, der immer bereit ist, sich an das zu verschenken, was ihm wichtig ist. Mit genau dieser Haltung hat er übrigens damals die Herzen der Kölner-Fans erobert – und das ist gar nicht so leicht, wie viele glauben. Auch beim FC St. Pauli ist das so, und selbst Anhänger anderer Vereine mögen ihn längst dafür, dass er einer dieser Typen im Fußball ist, von denen es immer viel zu wenige gibt.

Wir haben uns leider in den Jahren, wo er im Ausland gearbeitet hat, etwas aus den Augen verloren, aber das Schicksal seiner Vereine, habe ich stets aus der Ferne verfolgt. In der letzten Saison beispielsweise habe ich so manches St. Pauli Spiel im Fernsehen gesehen. Und ich habe mich sehr gefreut, dass sie nach diesem schlimmen Start noch so erfolgreich wurden.
Denn dann wusste ich: Es geht ihm gut.

Damals, als er hier in Köln war, sind wir einmal samstags nach dem Spiel vom Geißbockheim zu uns nachhause gefahren. Ich saß am Steuer, er auf dem Beifahrersitz. Und wir haben geschwiegen. Wir sind den Gürtel entlang gefahren, und plötzlich kam ich mir vor wie in einem Road-Movie mit Clint Eastwood. Ewald sagte einen Satz und der war gar nicht an mich gerichtet, sondern eher laut gedacht. Er sagte:
„Fußballtrainer ist ein toller Beruf …. wenn man gewinnt.“

Ewald, ich gratuliere Dir aus ganzem Herzen zur Wahl
zum „Typ der Saison“. Und ich wünsche Dir auch in Deiner neuen Aufgabe als Technischer Direktor, dass Du sagen kannst
„Technischer Direktor ist ein toller Beruf“. Auf jeden Fall ist es für uns alle schön, dass Du dem Fußball erhalten bleibst. Denn nicht nur Du brauchst ihn, er braucht Dich auch.

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