Rebound
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Hallo ihr Lieben,

mittlerweile bin ich aus New York zurück, so langsam ist der Jet-Lag verkraftet, sodass ich dann auch mal zum Thema „Sitzplätze“ Stellung nehmen kann.

Diese Entscheidung haben wir uns wirklich nicht leicht gemacht. Schon während der Stecker-Tour haben wir überlegt, wie es denn nun weitergehen sollte, nachdem abzusehen war, dass wir mit dem „Märchen“ offensichtlich was richtig gemacht haben. Klar war zu dem Zeitpunkt lediglich, dass wir das 40 jährige Jubiläum mit einer Tour feiern würden, auf der wir ausführlich Hits spielen wollen. Dass uns genug Material für ein neues Album einfallen würde, war damals noch nicht abzusehen, aber eine Big-Hits-Tour sollte es auf jeden Fall geben. Jedenfalls hatten wir damals von der Bühne aus den Eindruck, dass sich unser Publikum mit der Möglichkeit aufzustehen und sich bei Gelegenheit, ohne sich dabei blöde vorzukommen, wieder hinzusetzen, sehr wohl gefühlt hat. Wir haben uns sogar diverse Späßchen zum Thema erlaubt, die allabendlich abgefeiert wurden. („…setz dich, nimm dir`n Keks!“) Aber auch aus Gesprächen mit Fans, die zugegebenermaßen nicht unbedingt aus der Die-Hard-Ecke stammen, haben wir erfahren, wie schön es sei, sich nicht vorne vor der Bühne rum zu drängeln sondern stattdessen die Möglichkeit zu haben, sich ab und zu mal auszuruhen. Da ich ja nun selber ein in die Jahre gekommener Konzertgänger bin, habe ich auch mal drüber nachgedacht, wie viele Kollegen ich in letzter Zeit vor Vollbestuhlung erlebt habe, ohne dass mir das merkwürdig vorgekommen wäre: Von Tom Petty über die Eagles, Mark Knopfler bis Sting gilt so was als selbstverständlich, mal ganz abgesehen davon, dass in den USA sogar Bruce Springsteen und U2 bestuhlte Konzerte geben.

Glaubt es uns: Wir haben diese Entscheidung wirklich nicht übers Knie gebrochen, vor allem aber nicht aus kommerziellen Erwägungen getroffen, denn in den Innenraum der Köln-Arena beispielsweise kriegt man stehend natürlich deutlich mehr Leute als sitzend. Wir haben uns für Sitzplätze entschieden, weil wir vor einem erwachsenen Publikum spielen, teilweise auch vor Leuten, denen unsere drei Stunden-plus-Konzerte zu lang sind, um sie im Stehen „durchzustehen“. Das mag eine bittere Wahrheit sein, aber die gilt es zu verkraften: So wie ich keine Lust habe, auf der Bühne den Berufsjugendlichen zu geben, möchte ich auch keinen BAP-Fan zwingen, hinten oder auf den Rängen zu bleiben, weil vorne Gedrängel herrscht. Natürlich muss von unseren Veranstaltern sicher gestellt werden, dass nicht plötzlich Ordner auftauchen, die die Leute auf den Sitzplätzen zum Sitzen nötigen. Da werden wir aufpassen, auch wenn uns natürlich klar ist, dass man in den Gängen neben bzw. zwischen den Bestuhlungsblöcken aus Sicherheitsgründen nicht stehen darf. Gänge müssen eben nun mal freigehalten werden, aber das hindert niemanden daran, an seinem Platz aufzustehen.

Das Argument, dass man in einer Gruppe zum Konzert gehen will und die Sitzplätze hinderlich für ein Gemeinschaftsgefühl sind, verstehe ich und das tut mir auch leid. Aber da sind wir leider in eine Zwickmühle geraten. Shit happens! Aber wenn behauptet wird, die Mehrheit hätte lieber Stehkonzerte, so stimmt das einfach nicht. Habe mich extra beim Tourveranstalter erkundigt: die Innenraumsitzplätze gingen am schnellsten weg. Die Behauptung mag für einige Die-Hard-Fans zutreffen, aber bei der „schweigenden“ Mehrheit sieht das schon ganz anders aus.

Gelernt habe ich aus euren Einträgen allerdings auch was, nämlich dass es nicht wenige Fans gibt, die uns nach der Stecker-Tour auch wieder ordentlich rocken hören wollen. Diese Leute kann ich beruhigen, denn die vorläufige Set-Liste zielt exakt in diese Richtung. Besonders positiv an dem Protest ist, dass wir uns anscheinend doch noch wagen können, das eine oder andere unbestuhlte Festival zu buchen und eventuell, wo`s passt, bei Zusatzkonzerten auf „teilbestuhlt“ umzuschwenken. Mal sehen was da geht.

Was allerdings überhaupt nicht geht, ist die Tendenz zur Verrohung der Sprache auf unseren Seiten im Internet. Keine Ahnung, ob man da nur provozieren will, um mehr zu erfahren, als der Intimsphäre gut tun würde, oder ob man einfach nur ganz platt beleidigen will. Wie geht man mit so was um? Ich habe mich bei befreundeten Kollegen umgehört, überall herrscht Ratlosigkeit, was das betrifft. Anscheinend muss man so was wegstecken, denn da ist weltweit eine Pandora-Box geöffnet worden, die jedem frustrierten Nerd die Möglichkeit gibt, sich in unzivilisierter Wortwahl nach Belieben auszukotzen. Keine Ahnung wie ich auf Dauer damit umgehen werde, denn mir ist es schon wichtig, mit vernünftigen Menschen im Gespräch zu bleiben und mich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Letztendlich ist das auch eine Frage des Respekts.

Des Weiteren langweilen mich die Leute, die immer noch nicht mitgekriegt haben wollen, wieso der Major vor nunmehr 16(!) Jahren bei uns ausgestiegen ist. Ich empfehle zu diesem Thema das Kapitel “Auf die heiligen drei Könige“(Seite 361-440) aus meiner Autobiographie „Für`ne Moment“, wo ich alles in epischer Breite erzählt habe. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Das Thema ermüdet ungeheuer. Natürlich steht es jedem zu, die Band in irgendwelchen früheren Besetzungen besser zu finden als in der Gegenwart. Schließlich ist das ja auch Geschmacksache.
Man sollte mir allerdings auch meinen Geschmack zugestehen, denn das ist die einzige Instanz, nach der ich mich seit Jahrzehnten richte. An Trends, Moden, Radiotauglichkeit oder gar Zielgruppenforschung habe ich mich noch nie orientiert. Und was das Thema Besetzungswechsel betrifft würde ich gerne auf meinen Logbuch Eintrag vom 5.September 2014 verweisen, wo ich unter anderem das „Märchen von der festen Besetzung“ erzählt habe. Bitte erwartet nicht von mir, dass ich zum Wiederkäuer mutiere.

Jedenfalls ist das neue Album jetzt so gut wie in trockenen Tüchern. Anne und Ulle, die ja diesmal als Produzenten fungieren, werden Ende des Monats nochmal nach New York zu Stewart Lerman fliegen, um hier und da eventuell noch was zu ändern, bevor das Album schließlich in New York bei Sterling Sound gemastert wird. Währenddessen mache ich mich mit Mattes mal ans Artwork.

Generell freuen wir uns sehr über die große Nachfrage für unsere Jubiläumstournee. In mehreren Städten wurde bereits in der ersten Verkaufswoche die Hälfte (!) des Ticketkontingentes verkauft – und die Tournee findet ja erst in einem Jahr statt. Es wird also an Zusatzkonzerten 2016 nicht mangeln und natürlich haben wir auch Eure vielen Wünsche registriert, wo Ihr uns gerne sehen würdet.

Überhaupt gibt es noch so manches, was zu den Vorbereitungen eines Jubiläumsjahrs gehört, worüber sich der Laie keine Gedanken macht.
Die WN- to do – Liste wird irgendwie nicht kleiner.
Aber erst mal grüße ich euch ganz herzlich.
Bess demnähx, ich kann es kaum erwarten.
W.N. aus K.
2. Juli 2015

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